In Deutschland werden jährlich Milliarden Euro für gute Zwecke gespendet. Doch es könnten mehr sein, wie eine neue Studie zeigt.
Es ist ein bekanntes Phänomen: Frauen spenden eher als Männer, wie etwa der Deutsche Spendenmonitor1 und eine Analyse des Instituts für Deutsche Wirtschaft2 zeigen. Das wird zum Beispiel dadurch erklärt, dass Frauen durch ihre Sozialisation eine stärker ausgeprägte Sensibilität für “Caring”3 haben und aus Empathie für Kinder eher gewillt sind, in Bereichen wie Gesundheitsfürsorge und Bildung zu spenden.
Weniger erforscht ist die Frage, ob weiblich geführte Unternehmen ebenfalls mehr spenden als männlich geführte. Eine aktuelle Studie des Buchhaltungsunternehmens BuchhaltungsButler hat genau diese Frage untersucht. Die Ergebnisse zeigen: Weibliche CEOs erhöhen das Spendenpotenzial von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs) deutlich.
Entgegen der Klischees: Deutschland ist großzügig
Fiskalische Strenge und das Bild des sparsamen Schwaben prägen oft die Wahrnehmung von Deutschland. Dabei sprechen die Zahlen eine andere Sprache. Deutschland war 2023 die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt und das zweitgrößte Geberland4 von Entwicklungshilfe nach den USA.
Auch die Spendenbereitschaft deutscher Unternehmen und Bürger:innen ist beachtlich. Der Deutsche Fundraising Verband schätzte 2019 das jährliche Spendenvolumen hierzulande auf fast 34 Milliarden €5. Die Summe setzt sich aus ca. 12 Mrd. € Privatspenden, 12,4 Mrd. € Kirchensteuer und 9,5 Mrd. € Unternehmensspenden6 zusammen. Selbst, wenn man die Kirchensteuer nicht berücksichtigt oder für Privatspenden 5-6 Mrd. € veranschlagt, wie es andere Organisationen tun, sind dies gewaltige Summen.
KMUs spielen dabei eine wichtige Rolle: In Deutschland gibt es ca. 3 Millionen kleine und mittelständische Unternehmen, die zusammen für mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze verantwortlich sind. Nicht umsonst gelten sie als Rückgrat der deutschen Wirtschaft.
Die BuchhaltungsButler-Studie: Was wurde untersucht?
In Zusammenarbeit mit DataPulse Research hat BuchhaltungsButler anonymisierte Daten von mehr als 4.000 BuchhaltungsButler-Kunden ausgewertet. Bei den Firmen handelt es sich um kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs), die zu 99% ihren Firmensitz in Deutschland haben. 80% der CEOs und Gründer:innen der Firmen waren männlich. Die Spendendaten stammen aus den Jahren 2022 und 2023.
Ergebnis: Weibliche CEOs spenden öfter und mehr
Die Datenauswertung zeigt, dass 2023 rund 14 % der weiblichen CEOs in der Stichprobe Spenden geleistet haben, während unter den männlichen Geschäftsführern 10 % eine finanzielle Beteiligung an Spenden verzeichneten.
Die Daten setzen den Trend aus dem Vorjahr fort: 2022 verzeichneten 13% der weiblichen und 9% der männlichen CEOs eine Spende.
Die typische Spendenhöhe, gemessen am Median* der Spenden in einem Jahr, lag 2022 für Frauen und Männer bei etwa 250 €. Im Folgejahr, als das BIP in Deutschland 0,3% zurückging7, verringerten sich die Spenden männlicher CEOs um 20% - die der weiblichen hingegen blieben stabil.
*Hinweis: Zur Erfassung der mittleren Spendenhöhe wurde der Median herangezogen, um eine Verzerrung durch drei extreme Ausreißer in den Daten zu vermeiden. Dabei handelt es sich um Spendenbeträge von mehr als 100.000 €: eine Spende von einem männlich geführten Unternehmen im Jahr 2022 und zwei Spenden von weiblich geführten Unternehmen im Jahr 2023.
Tragweite: 4 Prozentpunkte können einen echten Unterschied machen
Die Ergebnisse zeigen: die generell höhere Spendenbereitschaft von Frauen spiegelt sich auch in der Führung von KMUs wider. Der Anteil von weiblich geführten Unternehmen, die 2022 und 2023 gespendet haben, war 4 Prozentpunkte größer als der Anteil von männlich geführten.
Gerechnet auf die Anzahl KMUs in Deutschland, bedeuten diese 4 Prozentpunkte Differenz Millionen mehr oder weniger Spenden pro Jahr - vorausgesetzt, die Stichprobe ist stellvertretend für die Grundgesamtheit der KMUs in Deutschland.
Eine einfache Beispielrechnung verdeutlicht dieses: Wenn 14% aller deutschen KMUs 250 € im Jahr spenden, ergibt sich eine Summe von 105 Millionen €. Bei einem Anteil von 10% sind es 75 Mio. €. Eine “weibliche” Spendenbereitschaft bedeutet also ein Plus von 30 Mio. € im Jahr.
Warum Unternehmensspenden wichtig sind
Spenden unterstützen eine Vielzahl von gesellschaftlichen Bereichen. Die Förderung von wissenschaftlichen und kulturellen Projekten, sowie der Bildung und Ausbildung junger Menschen trägt wesentlich dazu bei, die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit von Deutschland weiterzuentwickeln. BuchhaltungsButler selbst ist Partner des “Verein für politische Jugendbildung e. V."
Eine Studie8 der “Aktion Deutschland hilft” zeigt, dass rund 42% der Spendengelder von Unternehmen im Jahr 2018 in die Bildung, Erziehung und Hilfe nach Naturkatastrophen flossen.
Mehr Frauen in Führung - mehr Spenden
Das Spendenverhalten deutscher Unternehmen ist nicht sehr differenziert untersucht. Insbesondere fehlen Studien, die geschlechtsspezifische Unterschiede analysieren.
Die aktuelle Studie von BuchhaltungsButler und DataPulse Research liefert erste Hinweise, dass sich generelle Trends in der Spendenbereitschaft von Frauen und Männern auch in der Führung von KMUs widerspiegeln. Weiblich geführte Unternehmen spenden danach häufiger und zum Teil größere Summen. Weitere Studien sind nötig, um diese Ergebnisse zu bestätigen.
Betrachtet man sowohl die geschlechtsspezifische Spendenbereitschaft im privaten Sektor als auch im Unternehmenssektor, lautet die Quintessenz: Wo Frauen sind, sind auch mehr Spendengelder. Es ist anzunehmen, dass eine steigende Anzahl von Frauen in den Chefetagen auch mehr Spendenaufkommen im gewerblichen Sektor bedeuten würde.
Es gibt sehr viele Gründe, warum deutsche Unternehmen mehr Frauen in Führung bringen sollten. Millionen oder Milliarden mehr an Spenden für wohltätige Zwecke sind ein weiterer.
Quellenverzeichnis
¹ Kantar Deutscher Spendenmonitor 2021
² Institut der deutschen Wirtschaft (IW) - Spenden, Kleinvieh macht auch Mist
³ PMC Lock - Empathic concern for children and the gender-donations gap
⁴ Statista - Größte Geberländer Entwicklungshilfe (ODA) 2023
⁵ Deutscher Fundraising Verband - Jährliches Spendenvolumen liegt in Deutschland bei 33,9 Milliarden
⁶ Bertelsmann Stiftung - Deutsche Wirtschaft spendet über eine Milliarde Euro mehr als angenommen
⁷ Destatis - Deutsches Bruttoinlandsprodukt sinkt 2023 um 0,3 Prozent
⁸ Aktion Deutschland Hilft - Gründe für eine Unternehmensspende.
Autor dieser Studie
María Fernandez Campos
Als Senior Data Analyst bei DataPulse Research recherchiere, sammle und verwandle ich Datensätze in umsetzbare Erkenntnisse und ermögliche so datenbasierte Erzählungen, die in den Medien Anklang finden. Mit über 5 Jahren Erfahrung in der Datenanalyse und Geschäftsentwicklung in verschiedenen Branchen bin ich darauf spezialisiert, kritische Trends und Muster aufzudecken.