Google Stars sind nett. Unsere Freunde von Latinometrics haben kürzlich eine Infografik zu den meistbewerteten Wahrzeichen in Lateinamerika erstellt – hier ist unsere Adaption für Deutschland. Unsere Grafik zeigt den Reisefreudigen, wo es dem Gros der anderen Reisefreudigen gefallen hat. Und getreu dem Motto “Da waren so viele, das muss einfach gut sein” kommt auch diese Lokalität auf die Liste, möglichst mit einem Vermerk aus dem Fazit einer Onlinebewertungen. Natürlich kann man dahin gehen, wo alle hingehen, das macht die Auswahl einfach. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, muss ich mir in Brandenburg Schloss Sanssouci wirklich anschauen bei nur 4,7 Sternen?
Oder gibt es vielleicht Orte, die mindestens genauso reizvoll sind, aber eben weniger populär? Ist der klassische Reiseführer unter Umständen zielführender als ein Onlinebewertungsschema? Brauche ich andere Menschen, die mir vorschlagen, was ich spannend oder schön finde, und was nicht?
Wo ist es schön und was ist das “muss man gesehen haben”?
Die Masse der Reisenden geht bei einer Reise zunächst einmal dahin, wo “alle” waren, da man diesen Ort offensichtlich gesehen haben muss. Die Angaben bei Onlinebewertungen dürften allerdings auch recht löchrig sein. Niemand, der oder die in Berlin am Brandenburger Tor war, wird den Alexanderplatz oder den Dom ignoriert haben. Wer den Dresdner Zwinger aufgesucht hat, war garantiert auch in der Frauenkirche. Aber hat jemand auch einen Hinweis auf den Spreewald bei der Rezension zum Zwinger gesehen? Die Schönheit und die Stille dieses Biotops lassen sich am besten mit einer Fahrt im Stechkahn erleben – nur 130 Kilometer von Dresden entfernt.
Der Frankfurter Römer in Hessen ist durchaus ein “Muss man gesehen haben”, wenn man in Hessen war. Die Paulskirche 50 Meter weiter gilt als die Wiege der deutschen Demokratie. Vielleicht sollte man diese auch besucht haben? Was bei solchen Bewertungen fehlt, sind die Verlinkungen auf andere Sehenswürdigkeiten.
Der Verweis auf die mit viel Liebe restaurierte Fachwerk-Altstadt vom 20 Kilometer entfernten Seligenstadt fällt genauso unter den Tisch wie der Hinweis auf das vom Römerberg in zehn Minuten zu Fuß erreichbare Goethe-Haus.
Zwei Alternativen zu Onlinebewertungen
Die Liste ließe sich jetzt noch für jedes Bundesland fortsetzen. Bewertungsgrafiken sind sinnvoll, um sich eine Orientierung zu holen. Wer sein Reiseziel jedoch über die reine Sternevergabe hinaus erforschen möchte, tut gut daran, den guten alten Reiseführer aufzuschlagen. Oder, es gibt ja nichts, wofür es in Facebook keine Gruppe gibt, er oder sie sucht sich eine solche Gruppe für den aktuellen Aufenthaltsort. Mit ein bisschen Glück sind dort Einheimische Mitglieder, die Fragen nach den echten Sehenswürdigkeiten mit Hinweisen dazu und etwas differenzierter als mit drei, vier oder fünf Sternen beantworten.