Für Frauen ist das Risiko der Altersarmut deutlich höher als für Männer. Warum?
Der Begriff “Gender Pension Gap” geistert schon seit vielen Jahren durch die Sozialpolitik. Er besagt nichts anderes, als dass Rentnerinnen im Durchschnitt deutlich weniger Rente beziehen als Männer.
“Sorgetätigkeit” geht zu Lasten der Rente
Die Gründe dafür sind hinlänglich bekannt, auch wenn Tarifverträge nicht geschlechtsspezifisch ausformuliert sind.
Nach wie vor sind es die Mütter (trotz freier Wahl des Geschlechts wollen wir der Einfachheit halber bei den klassischen Bezeichnungen “Mutter” und “Vater” bleiben), die in der Regel mehr Zeit mit der Erziehung der Kinder verbringen. Für die Rente heißt das, Mütter wickeln den Nachwuchs unentgeltlich, während der Vater im Beruf sein Rentenkonto auffüllt. Nach Schichtende kommt er heim, hat für das Alter vorgesorgt und spielt verzückt mit dem Kind.
Die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis liegt auf der Hand. Die Sorgearbeit (care work) liegt nach wie vor bei den Frauen. Sie leisten auch während des Berufslebens laut Tagesthemen neun Stunden mehr wöchentlich an unbezahlter Arbeit, als Männer.
Kommt das Kind in das Kindergartenalter, besteht die Möglichkeit für den Wiedereintritt in den Beruf – meist mit einer halben Stelle, die nun auch nicht so prall in die Rentenkasse einzahlt. Diese Form der Berufstätigkeit trägt aus diesem Grund übrigens den wenig schmückenden Beinamen “Teilzeitfalle”. Häufig bleibt es nach der oder den Geburten dann auch bei einer Halbtagsstelle. Die “care work” ist, abgesehen von der ungleichen Bezahlung für die gleiche Arbeit, der Dreh- und Angelpunkt für den ungleichen Rentenbezug. Kaum sind die Kinder aus dem Haus und es böte sich die Möglichkeit, einer intensiveren Berufstätigkeit, wird der eine oder andere Elternteil tatterig. Was mit leichter Betreuungsarbeit für den Partner, wie Einkaufen gehen anfängt, endet mit ein bisschen Pech in der häuslichen Vollzeitpflege bei Pflegegrad fünf.
Der Satz “Die Pflege von Angehörigen lohnt sich auch für die Rente” auf der Homepage der Deutschen Rentenversicherung ist für die Betroffenen der reine Hohn. Die Dauer der Pflege wird als Beitragszeit und Wartezeit angerechnet. Dazu kommen noch marginale Leistungen der DRV.
Fakt ist, dass Frauen durch ihre “care-Tätigkeiten” massiv im Aufbau einer ausreichenden Altersrente beeinträchtigt werden.
Welche Lösungen bieten sich zur Auflösung der Gender Pension Gap an?
Diese Frage an die Finanzdienstleistungsbranche zu stellen, mag für die Politik am naheliegendsten, weil weg vom eigenen Schreibtisch, zu sein – ist aktuell auch der Lösungsstand, aber sozial gerecht? Die Frage an die Finanzdienstleistungsbranche zu stellen, mag für die Politik (weil, weg vom eigenen Schreibtisch) am naheliegendsten sein – das ist auch der aktuelle Lösungsansatz, aber sozial gerecht?
Wir haben gesehen, dass Geburt und Kindererziehung innerhalb der Partnerschaft zu extremen Ungleichgewichten bezüglich des Aufbaus von Rentenanwartschaften führen. Das Ideal, dass die Eltern “gemeinsam alt werden”, ist in nur noch Wunschdenken. Es muss also ein Weg gefunden werden, eine Besserstellung in der Elternzeit für den Elternteil zu finden, der zu Hause bleibt.
Wie wäre es, die Ansprüche bezüglich Rentenversicherung beider Elternteile in “einen Topf zu werfen” und für die Dauer der Kindererziehung durch zwei zu teilen? Schließlich waren auch beide Elternteile an der Erzeugung des Rentendefizites der Mutter, sprich, dem Kind, beteiligt. Ja, 6,25 Prozent der Väter (Daten aus dem Jahr 2018) sind unbekannt, aber solche Defizite müssen bei Utopien auch einmal erlaubt sein.
Utopien bergen manchmal einen kleinen, kaum sichtbaren Lösungsansatz. Die Utopie der ehemaligen DDR war es, einen sozialistischen Staat zu schaffen. Dazu bedurfte es jeder arbeitsfähigen Person. Also konnten junge Frauen ihre Kinder quasi nach der Geburt in eine Kinderkrippe geben. Man kann darüber jetzt endlos diskutieren, in Frankreich hat jedes Kind ab dem zweiten Lebensjahr einen Anspruch auf einen Platz. Fakt ist, was die Wartezeit in der ehemaligen DDR auf einen Trabant war, ist heute noch die Wartezeit in der BRD auf einen Kindergartenplatz.
Die Gender Pension Gap hat nicht nur Ursachen in der Familie, sondern auch aus der ungleichen Bezahlung von Männern und Frauen für die gleiche Tätigkeit, der Gender Pay Gap. Laut dem Berufsportal stepstone.de betrug die Differenz im Jahr 2024 durchschnittlich bei bereinigt 5,5 Prozent.
Bei der Gender Pay Gap wird zwischen bereinigt und unbereinigt unterschieden. Unbereinigt bedeutet, dass nur der durchschnittliche Stundensatz verglichen wird. Die bereinigte Gender Pay Gap berücksichtigt dagegen auch den Ausbildungshintergrund, den ausgeübten Beruf und den Beschäftigungsumfang.
“Mehr Frauen in Führungspositionen” klingt natürlich revolutionärer, aber vielleicht sollten Gewerkschaften und die Gleichstellungsbeauftragten der Unternehmen erst einmal mit Nachdruck so banale Forderungen wie “gleicher Lohn für gleiche Arbeit” lautstark einfordern.
Bleibt letztendlich noch die Frage, wie die familiäre Pflegeleistung stärker in die Anwartschaften der Pflegeversicherung einfließen kann. Utopien erlauben es, die Frage der Refinanzierung einfach einmal außen vor zu lassen. Beispielsweise könnte die Deutsche Rentenversicherung die echte Beitragshöhe, welche die pflegende Person nicht mehr abführen kann, übernehmen.
Gender Pension Gap – alleine die Gender Pay Gap zu überwinden, ist schon Utopie genug.