Gefängnissicherheit und Inhaftierungsquote in der EU

Gefängnissicherheit und Inhaftierungsquote in Europa

Unsere Grafik zeigt, wie viele Gefängnisausbrüche es im Jahr 2022 in Bezug auf die einsitzenden Häftlinge gab. Der erste Gedanke ist, dass die französischen Kernkraftwerke hoffentlich sicherer sind als die Justizvollzugsanstalten. Der zweite Gedanke lautet: Warum? Lässt sich das französische Gefängnispersonal nur ungern beim Essen stören? Der EU-Justizvollzug besteht aber nicht nur aus den französischen Defiziten; wir haben noch zahlreiche weitere interessante Daten gefunden.

Die Inhaftierungsquote – Wie viele Gefangene in Relation zur Bevölkerungshöhe?

Spannend ist die Frage, wie sich die Anzahl der Häftlinge in Relation zur Bevölkerungsgröße verhält. Das Ergebnis ist (nicht) verblüffend. Im türkischen Rechtsstaat verbrachten am 31. Januar 2023 tatsächlich 348.265 Menschen ihr Leben in Haft. Bei einer Bevölkerungszahl am Stichtag von 85.279.553 Personen sind dies immerhin 0,41 Prozent. Zum Vergleich schauen wir auf Liechtenstein, das es bei 36.679 Einwohnern auf sechs inhaftierte Bürger, 0,0151 Prozent, brachte. Der Blick auf die deutschen Zahlen ist in diesem Zusammenhang ein Muss. Die Quote lag bei 0,0689 Prozent. Damit kam Deutschland leicht über die Hälfte des EU-Mittelwertes von 0,1238, lag aber deutlich näher am Median von 0,1065. Zur Erklärung: Der Mittelwert ist der Durchschnitt aller Daten, der Median ist der mittlere Wert einer Datenreihe. Bei der Zahlenfolge 1,2,6,7,10 ist die Sechs der Median, der Mittelwert ist 5,2.

Regionale Unterschiede bei der Inhaftierungsquote

Es lässt sich bezüglich der Inhaftierungsquote bedauerlicherweise ein West-Ost-Unterschied festmachen. Während Mittel- und Westeuropa die Zahlen nach unten drücken, treffen wir im oberen Bereich verstärkt auf Länder vom Balkan und Osteuropa. Wer folgt auf die Türkei?

Land Inhaftierungsquote
Georgien 0,2561
Aserbaidschan 0,2439
Moldawien 0,2419
Ungarn 0,2107
Polen 0.1938
Slowakei 0,1831
Albanien 0,1785

Quelle: Universität Lausanne, Europäischer Rat

Wir können davon ausgehen, dass bei den vier Spitzenreitern – Türkei bis Moldawien – auch eine entsprechend hohe Zahl von Inhaftierten mit politischem Haftgrund vertreten ist. Eine Vermutung, die bekanntermaßen nicht anhand von Daten belastbar ist.

Bei Tötungsdelikten und deren Versuchen liegt die Türkei übrigens auch an erster Stelle – 37.837-mal stand dies als Inhaftierungsgrund an. Auf Rang zwei folgen England und Wales mit 7.563 Inhaftierten, gefolgt von Italien mit 6.890 Verurteilungen.

Die Ausbruchsquote – So erfolgversprechend sind die Aussichten

Französische Häftlinge sind möglicherweise durch Henri Charrierès Gefängnisroman “Papillon”, geschrieben in den Jahren 1968/69 und verfilmt mit Steve McQueen im Jahr 1973, besonders motiviert. Dass Österreich schon auf Platz zwei folgt, erstaunt ein wenig. Zwar macht die Ausbruchsquote nur ein Fünftel derer in Frankreich aus, ist aber dennoch erstaunlich hoch. Für Frankreich und Österreich stellt sich die Frage: Wie machen die das? Dass in Deutschland von 10.000 Häftlingen nur 2,1 der Ausbruch gelingt, ist direkt beruhigend. Unbekannt ist jedoch die Zahl der Ausbruchsversuche.

Was wird der EU-Strafvollzug in der Zukunft bringen?

Bereits im Vorfeld des Vollzugs – bei der Strafverfolgung und den Verfahren – gibt es in der EU vermutlich deutliche Differenzen. Autoritär veranlagte Regierungen und Präsidenten tendieren in der Regel dazu, auch bei der Strafverfolgung rigoroser vorzugehen. Dabei gelten gerade im eurasischen Teil andere Straftatbestände als beispielsweise in Deutschland oder Holland. Über die Zahl der politisch motivierten Verurteilungen gibt es gerade aus diesen Regionen wenig Daten. Die Türkei geht mit dem Wort “Terrorismus” schon deutlich offener um. Die Differenzen werden – abhängig von der politischen Entwicklung in Richtung national-konservativer Regierungen – vermutlich noch größer.

 

Related Posts

We turn data into headlines

Hire us to create data-driven studies that capture media attention.

We turn data into headlines

Hire us to create data-driven studies that capture media attention.