Die Wessis haben es schon immer gewusst: Im Osten sind sie nur am krankfeiern. So platt und primitiv-populistisch könnte die Interpretation des BKK Gesundheitsreportes 2024 ausfallen, wenn man denn die Fakten unter den Tisch kehrt. Dass es aber durchaus Gründe für regionale Krankheitshäufungen gibt, wollen wir in diesem Beitrag belegen.
Krankheitsursachen
Erkrankungen am Muskel- und Skelettsystem sind hinlänglich bekannt. Stundenlanges Sitzen am Schreibtisch schadet dem Rücken genauso, wie das langanhaltende Knien des Sanitärhandwerkers eben den Knien schadet. Interessanter, weil weniger offensichtlich, ist jedoch in unserer Grafik der Punkt Atmungssystem. In unserer Zeitrechnung unterscheiden wir, teilweise unbewusst, zwischen der Zeit vor der Corona-Pandemie und der Zeit danach. “Weißt du noch, als wir …” “War das jetzt vor Corona oder später?” Was von Corona geblieben ist, ist das sogenannte “long covid”. Langzeitschäden, die unter anderem die Atemwege in Mitleidenschaft gezogen haben. (Quelle: BKK Dachverband)
Regionale Verteilung
Nun geben diese Zahlen allerdings noch keinen Hinweis, wie es zu der regionalen Ungleichheit bei den Krankenständen kommt. Bei den angeführten sechs Oberbegriffen der Krankheitsursachen sind bei fünf davon die östlichen Bundesländer jeweils auf dem ersten Platz vertreten:
- Mecklenburg-Vorpommern: Muskeln und Skelett
- Brandenburg: Atmungssystem
- Sachsen-Anhalt: Verdauung und Herz-Kreislauf
- Thüringen: Vergiftungen
Das Saarland verzeichnet bei Krankheitstagen aufgrund psychischer Erkrankungen den höchsten Stand.
Ursachen des Ungleichgewichts
Der Gesundheitsreport 2024 des BKK Dachverbandes sieht als Ursache für die Ungleichheit bei den anfallenden Krankheitstagen sozioökonomische und soziodemografische Ursachen. (Quelle: BKK Dachverband )
Bei den dunkelroten Landkreisen in Nordhessen mit einer Abweichung von mehr als 15 Prozent gegenüber dem Bundesdurchschnitt handelt es sich um den Werra-Meißner Kreis, Schwalm-Eder, Waldeck-Frankenberg und Hersfeld-Rothenburg, Landkreise in einer eher als strukturschwach eingestuften Region.
Zu den soziodemografischen Rahmenbedingungen zählt natürlich auch die ärztliche Versorgung der Bevölkerung. Die Zahl der pro Arzt zu behandelnden Patienten schlägt sich zwangsläufig auch auf die Heilungserfolge aus. (Quelle: KBV )
Neben dem negativen Beispiel für Ostdeutschland korreliert die nur zartrosa eingefärbte überdurchschnittliche Anzahl der Landkreise Bayerns und Baden-Württembergs mit den niedrigen Fehltagen in Süddeutschland
Lösungsansätze
Die Verantwortlichen in Berlin und den Landeshauptstädten können, so sie ein Interesse an der Minderung von krankheitsbedingten Fehltagen haben, nur auf wenige Stellschrauben zurückgreifen. Zum einen wäre dies das kleine Wunder, strukturschwachen Regionen in Zeiten konjunktureller Dämpfer neues Leben einzuhauchen. Ein Lösungsansatz, der offensichtlich schon bei wirtschaftlicher Vollauslastung nicht funktioniert hat. Ein anderer Ansatz, der seit einiger Zeit praktiziert wird, ist die 2019 /2020 eingeführte Landarztquote. Studierende, die trotz der fehlenden Eins als Abiturnote Medizin studieren möchten, erhalten diese Möglichkeit. Im Gegenzug verpflichten sie sich, zehn Jahre lang im ländlichen Raum als Ärztin oder Arzt tätig zu sein. Die Idee kommt an, es gibt fünfmal so viele Bewerber wie diese speziellen Studienplätze.